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Pflichtversicherung Was ist eine Pflichtversicherung?

Pflichtversicherungen umfassen alle Versicherungen, die Sie als Versicherungsnehmer laut § 113 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) gesetzlich abschließen müssen. Die Pflicht besteht für beide Parteien. Das bedeutet: Auch der Versicherer selbst ist verpflichtet, Ihrem Vertragsantrag zuzustimmen. Innerhalb der Pflichtversicherungen unterscheidet der Gesetzgeber nochmals zwischen dem staatlichen Versicherungssystem (insb. Sozialversicherungspflicht) und privaten Versicherungen (Kontrahierungszwang). Der Grundgedanke hinter den Pflichtversicherungen lautet: Die Versicherungsunternehmen schützen den Versicherungsnehmer vor Risiken, die schnell existenzbedrohende Summen erreichen können.

Staatliches Versicherungssystem

Das staatliche Versicherungssystem umfasst vorwiegend die gesetzlichen Sozialversicherungen. Sie dienen überwiegend dem Schutz vor allgemeine Lebensrisiken wie Arbeitslosigkeit, Krankheit, Pflegebedürftigkeit, Arbeitsunfällen und der Absicherung vor dem Alter.

Zu den gesetzlichen Sozialversicherungen gehören:

  • gesetzliche Krankenkasse
  • gesetzliche Rentenversicherung
  • gesetzliche Unfallversicherung
  • Pflegeversicherung
  • Arbeitslosenversicherung

Die gesetzlichen Sozialversicherungen in der Übersicht

Private und gesetzliche Krankenversicherung

Die Krankenversicherung in Deutschland stellt eine fundamentale soziale Absicherung dar. Sie soll allen Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit geben sich im Krankheitsfall medizinisch versorgen zu lassen - unabhängig von ihren finanziellen Mitteln. Um dieses Recht möglich zu machen, wurde 2009 die allgemeine Krankenversicherungspflicht eingeführt. Sie ist in § 193 Absatz 3 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) geregelt und besagt, dass jede Person mit einem Wohnsitz in Deutschland eine Krankenversicherung abschließen muss. 

Aktuell sind rund 74 Millionen Bürgerinnen und Bürger - etwa 88 Prozent - in einer gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) versichert.  Die GKV funktioniert nach dem Solidarprinzip: Die Beiträge richten sich nach dem Einkommen der Mitglieder. Wer jung, gesund und gut verdienend ist, finanziert die Mitglieder, die krank sind und weniger gut verdienen. So ist es möglich, dass jede Person die gleichen Gesundheitsleistungen erhält. 

Wer oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze liegt, selbstständig ist oder Beihilfe bezieht, hat Zugang zur privaten Krankenversicherung (PKV). Neun Millionen Bürgerinnen und Bürger sind derzeit privat krankenversichert. Anders als die GKV funktioniert die PKV nach dem Äquivalenzprinzip: D.h. die Versicherungsbeiträge richten sich nach dem individuellen Gesundheitszustand, Alter und der gewünschten Leistung. 

Die restlichen Bürgerinnen und Bürger sind über besondere Versorgungsformen, wie zum Beispiel die truppenärztliche Versorgung der Bundeswehr versichert. 

Auch wenn meistens von der gesetzlichen oder der privaten Krankenversicherung gesprochen wird, so handelt es sich hierbei nicht um zwei Unternehmen. Stattdessen gibt es in Deutschland viele unabhängige Krankenversicherungen, zwischen denen die Bürgerinnen und Bürger - unter gewissen Rahmenbedingungen - wählen und wechseln können.

Sie sind nicht krankenversichert oder auf der Suche nach einer neuen Krankenversicherung? Rufen Sie uns an 0800 2922263 Wir beraten Sie gerne.

Gesetzliche Rentenversicherung

Grundsätzlich gilt laut dem Sozialgesetzbuch Nr. 6 (SGB VI) die gesetzliche Rentenversicherung für alle Arbeitnehmer zur Pflichtversicherung. Sie sichert den Versicherten mit dem Renteneintrittsalter (67 Jahren) eine monatliche Rente zu. Der Beitragssatz von 18,6 Prozent des Bruttolohns wird mit der Lohnabrechnung direkt vom Arbeitgeber an die Deutsche Rentenversicherung bezahlt. 9,3 Prozent trägt der Arbeitnehmer selbst und 9,3 Prozent übernimmt der Arbeitgeber.

Einige selbstständige Personen, wie Handwerker oder Hebammen, unterliegen auch dieser Pflichtversicherung. Häufig wird ein Großteil der selbstständigen Unternehmer jedoch nicht erfasst. Sie melden sich freiwillig bei der Deutschen Rentenversicherung oder schließen einen privaten Altersschutz ab.

Infolge eines Unfalls oder einer Erkrankung kann es jedoch passieren, dass Sie (vorzeitig) nicht mehr in der Lage sind, Ihren Beruf auszuüben. Deshalb ist innerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung auch die sogenannte Erwerbsminderungsrente abgedeckt. In der Regel bietet diese Ihnen aber keinen ausreichenden finanziellen Schutz! Der freiwillige Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung, die Sie im Falle einer Berufsunfähigkeit mit einer monatlichen Zuzahlung unterstützt, ist ratsam.

Gesetzliche Unfallversicherung

Die gesetzliche Unfallversicherung gilt bereits seit dem 01.07.1885 für alle Unternehmen als Pflichtversicherung. Die heutige Gesetzesgrundlage liefert das Siebte-Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII). Es verpflichtet alle Unternehmen, sich bei einem Unfallversicherungsträger (bspw. der Berufsgenossenschaft) anzumelden und den Beitrag zur gesetzlichen Unfallversicherung für ihre Mitarbeiter (unabhängig von der Höhe des Arbeitsentgelts) zu leisten. Zusätzlich sind bestimmte Personengruppen (bspw. ehrenamtlich tätige Personen bei der Freiwilligen Feuerwehr) pflichtversichert.

Pflegeversicherung

Die Pflegeversicherung gehört seit dem 01.01.1995 in Deutschland zu den sogenannten Pflichtversicherungen. Sie gilt für alle privaten und gesetzlichen Versicherten. Der Grundsatz lautet: Krankenversicherung folgt Pflegeversicherung. Sind Sie in Deutschland gesetzlich krankenversichert, zahlen Sie automatisch auch in die Pflegeversicherung ein. Dahingegen sind Privatversicherte per Gesetz verpflichtet, auch eine private Pflegeversicherung abzuschließen. Verankert ist dies im SGB 11 - Sozialgesetzbuch (SGB) – Elftes Buch (XI) – Soziale Pflegeversicherung.

Arbeitslosenversicherung

Die Gesetzesgrundlage für die Arbeitslosenversicherung ist im Dritten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB III) verankert. In Deutschland gilt diese für Arbeitnehmer (ausgenommen Minijobber & Beamte) als Pflichtversicherung. Selbstständige sind von der Versicherungspflicht ausgenommen. Sie können nur unter bestimmten Voraussetzungen und auf Antrag eine Arbeitslosenversicherung abschließen.

Die privaten Pflichtversicherungen

Der Pool an privaten Pflichtversicherungen umfasst insgesamt fünf unterschiedliche Haftpflichtversicherungen, für die nach  § 158b VVG die besonderen Vorschriften der §§ 158 c bis 158 k VVG gelten.

Als häufigster Grund für den Abschluss gilt der Schutz Dritter. So wäre beispielsweise bei einem verschuldeten Verkehrsunfall mit mehreren Beteiligten kaum jemand in der Lage, den finanziellen Schaden selbst zu regulieren. Das führte in der Rubrik „Private Pflichtversicherungen“ zur Einführung der Kfz-Haftpflicht, die gleichzeitig als die am häufigsten abgeschlossene Versicherung gilt. Kraftfahrzeuge ohne entsprechende Kfz-Versicherung legt die zuständige Zulassungsbehörde still.

Zu den privaten Pflichtversicherungen gehört:

  • Kfz-Haftpflichtversicherung
  • E-Scooter-Haftpflichtversicherung
  • Tierhalterhaftpflicht- bzw. Hundehaftpflichtversicherung (je nach Bundesland & Tierrasse)
  • Berufshaftpflichtversicherung (je nach Berufsgruppe bspw. Arzt, Apotheker, Architekten)
  • Jagdhaftpflichtversicherung

Daneben gibt es noch die private Haftpflichtversicherung, die in Deutschland zwar nicht verpflichtend, aber dennoch äußerst empfehlenswert ist. Sie bewahrt Ihre finanzielle Basis, insbesondere dann, wenn Sie unbeabsichtigt einen Schaden gegenüber Dritte anrichten.

Die privaten Pflichtversicherungen in der Übersicht

Kfz-Haftpflichtversicherung

Rechtsgrundlage für die per Gesetz beschlossene Kfz-Haftpflichtversicherung gibt § 1 Pflichtversicherungsgesetz (PflVG). Es besagt, dass jedes Kraftfahrzeug durch eine Kfz-Haftpflichtversicherung versichert sein muss. Ohne eine entsprechende Versicherung ist es dem Fahrzeughalter nicht möglich, das Fahrzeug beim Straßenverkehrsamt zuzulassen. Hintergrund der Pflichtversicherung ist der, dass durch ein Kfz geschädigte Dritte den entstandenen Schaden ersetzt bekommen.

Die Versicherungspflicht besteht außerdem auch für Motorroller, Motorräder oder auch E-Scooter, die am öffentlichen Straßenverkehr teilnehmen.

E-Scooter sind elektrisch angetriebene Tretroller, die eine kompakte und umweltfreundliche Alternative zum herkömmlichen Stadtverkehr bieten. Sie erreichen Geschwindigkeiten von bis zu 20 km/h und werden oft für kurze Distanzen in städtischen Gebieten genutzt. E-Pedelecs (Electric Pedal Electric Cycle) oder auch E-Bikes sind Fahrräder, die durch einen elektrischen Hilfsmotor unterstützt werden, welcher die Tretbewegung des Fahrers bis zu einer Geschwindigkeit von 25 km/h verstärkt. Anders als S-Pedelecs, die schneller fahren können, werden E-Pedelecs und E-Bikes rechtlich wie Fahrräder behandelt.

In Deutschland besteht für E-Scooter eine Versicherungspflicht. Jeder E-Scooter muss mit einer gültigen Versicherungsplakette ausgestattet sein, die nachweislich eine Haftpflichtversicherung für das Fahrzeug bestätigt. Diese Versicherung deckt Schäden ab, die durch die Nutzung des E-Scooters verursacht werden können.

Für E-Pedelecs oder E-Bikes besteht in Deutschland keine Versicherungspflicht im Sinne einer speziellen Haftpflichtversicherung mit Kennzeichen, da sie rechtlich als Fahrräder gelten. Es wird jedoch empfohlen, eine private Haftpflichtversicherung abzuschließen oder zu prüfen, ob E-Pedelecs in der bestehenden Haftpflichtversicherung mit eingeschlossen sind. So sind Sie im Schadensfall abgesichert.
 
Der Abschluss einer Motorrad-Haftpflicht, Moped-, Mofa- & Rollerversicherung bzw. E-Scooter Haftpflicht ist in Deutschland vorgeschrieben.

Hundehaftpflichtversicherung

Die Hundehaftpflichtversicherung schützt Sie als Tierhalter oder Tierhalterin vor Schadenersatzansprüchen Dritter Ihnen gegenüber. Grundlage für die Tierhaftung ist § 833 des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Die Pflicht zum Abschluss einer Hundehalterhaftpflicht ist in Deutschland jedoch nicht einheitlich geregelt.

Ob die Hundehaftpflicht auch für Sie als Pflichtversicherung gilt, ist abhängig vom Bundesland Ihres Wohnsitzes sowie der Hunderasse. Bewohner aus Mecklenburg-Vorpommern sind grundsätzlich von der Versicherungspflicht befreit.

Abschlusspflicht gilt in den folgenden Bundesländern:

  • Hamburg
  • Niedersachsen
  • Berlin
  • Sachsen-Anhalt
  • Thüringen

Versicherungspflicht bei bestimmten Hunderassen in:

  • Bremen
  • Nordrhein-Westfalen (hier gilt die Versicherungspflicht auch ab einer bestimmten Größe und/oder Gewicht des Hundes)
  • Brandenburg
  • Rheinland-Pfalz
  • Baden-Württemberg
  • Brandenburg
  • Hessen
  • Saarland
  • Sachsen
  • Schleswig-Holstein
  • Bayern

Berufshaftpflichtversicherung

Die Regelung für die Berufshaftpflichtversicherung ist im fünften Sozialgesetzbuch gesetzlich verankert. Hierbei ist zu erwähnen, dass sie nur für bestimmte Berufsgruppen als Pflichtversicherung gilt. Personen, die einem der Berufe zugeordnet sind, dürfen ohne eine Berufshaftpflichtversicherung ihre Tätigkeit nicht ausführen:

  • Ärzte
  • Apotheker
  • Rechtsanwälte & Rechtsanwältinnen
  • Steuerberater
  • Versicherungsvermittler
  • Wirtschaftsprüfer
  • Immobilienkreditvermittler
  • Finanzanlagenvermittler
  • Immobilienverwalter
  • sowie einige weitere …

Einige Unternehmer und Selbstständige schließen zusätzlich eine Betriebshaftpflichtversicherung ab. Sie ist zwar gesetzlich nicht vorgeschrieben, schützt Sie aber vor den Folgen, die durch Ihre Arbeitnehmer oder Produkte entstehen. Bei Interesse sollten Sie eine Beratung mit einem unserer Experten in Anspruch nehmen.

Jagdhaftpflichtversicherung

Für die Jagdausübung in Deutschland ist eine Jagdhaftpflichtversicherung verpflichtend. Jede ausführende Person muss nachweisen können, dass sie über eine solche Versicherung verfügt, um den Jagdschein von der zuständigen Behörde ausgehändigt zu bekommen.

Was passiert, wenn ich eine dieser Pflichtversicherungen nicht abschließe?

Verzichten Sie bewusst oder unbewusst auf eine Pflichtversicherung, kann dies weitreichende Folgen haben. Diese gehen von der Beitragsnachzahlung (fehlende Krankenversicherung) über Bußgelder (bspw. fehlende gesetzliche Unfallversicherung) bis hin zu Freiheitsstrafen (bspw. fehlende KFZ-Haftpflicht).

Beispiel: Schließen Sie keine Krankenversicherung ab, ist dies grundsätzlich keine Straftat! Dennoch entstehen selbst in der Zeit, in der Sie nicht versichert sind, Beitragsschulden. Selbst wenn Sie nicht beim Arzt waren. Diese fordern die Krankenkassen spätestens beim Abschluss einer Krankenversicherung von Ihnen ein.

Als Übersicht der verschiedenen Folgen dient die nachfolgende Tabelle:

Versicherungsart
Pflicht für…
Konsequenzen
Krankenkasse
Alle
Beitragsnachzahlungen
Rentenversicherung
Alle Arbeitnehmer, sowie einige Selbstständige. Anmeldung und Zahlung übernimmt der Arbeitgeber.
Ordnungswidrigkeit: Bußgeldbescheid von bis zu 25.000 Euro gegen den Arbeitgeber
Unfallversicherung
Alle Unternehmen
Ordnungswidrigkeit: Bußgeld bis zu 10.000 Euro
Pflegeversicherung
Alle
Ordnungswidrigkeit: Bußgeld bis zu 2.500 Euro
Arbeitslosenversicherung
Arbeitnehmer. Anmeldung und Zahlung übernimmt der Arbeitgeber
Ordnungswidrigkeit: Bußgeld von bis zu 25.000 Euro gegen den Arbeitgeber
Kfz-Haftpflichtversicherung
Alle Kraftfahrzeughalter
Straftat: Führerscheinentzug, Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen oder 1 Jahr Freiheitsentzug
E-Scooter- oder Motorrollerversicherung
Alle Halter solcher Fahrzeuge
Wie Kfz-Haftpflicht
Hundehaftpflichtversicherung
Hundehalter in bestimmten Bundesländern oder spezieller Hunderassen
Ordnungswidrigkeit: Bußgeld von bis zu 10.000 Euro
Berufshaftpflichtversicherung
Bestimmte Berufsgruppen
Bußgeld, berufsrechtliche Sanktionen
Jagdhaftpflichtversicherung
Jäger
Versagung des Jagdscheins