Behandlungsfehler - was tun, wenn Ärzte irren?
Mit Checkliste
Jeder ärztliche Fehler ist einer zu viel. Darin sind sich alle einig. Der Umgang mit Behandlungsfehlern wird zusehends offener, von Konfrontation geht die Tendenz zur Kommunikation: Man redet miteinander. An dieser günstigen Entwicklung sind vor allem auch aufmerksame Patienten beteiligt, die ihre Rechte kennen und einfordern.
Fehldiagnose: Wenn Ärzte Behandlungsfehler machen
Jeder Mensch kann Fehler machen. Auch ein Arzt, der sorgfältig und gewissenhaft arbeitet, kann eine Fehldiagnose stellen.“ Klaus Reinhardt, Allgemeinmediziner und Vorsitzender des Ärzteverbands Hartmannbund, vertrat die Ärzteschaft, als sich „Menschen bei Maischberger“ trafen und vor laufender Fernsehkamera über dramatische Behandlungsfehler diskutierten.
Ärzte stehen immer wieder am Pranger. „Angesichts von fast 700 Millionen Behandlungsfällen im ambulanten Bereich und mehr als 18 Millionen Fällen in den Kliniken jährlich bewegt sich die Zahl der festgestellten ärztlichen Behandlungsfehler im Promillebereich“, hält die Bundesärztekammer dagegen. Die Zahlen lassen sich allerdings nur schätzen. Die Annahmen reichen nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums von 40.000 bis 170.000 Fällen jährlich. Aussagekräftige Zahlen gibt es nicht, da in Deutschland kein zentrales Melderegister für ärztliche Behandlungsfehler existiert, wie es beispielsweise in Großbritannien, Irland oder den USA vorgeschrieben ist.
Knapp zwei Drittel der bekannten Beschwerden in Deutschland betrafen Behandlungen in Krankenhäusern, ein Drittel richtete sich gegen niedergelassene Ärzte. Die meisten Vorwürfe bezogen sich auf Therapien von Kniegelenks- und Hüftgelenksarthrose sowie Unterarm-, Unterschenkel- und Sprunggelenkfrakturen. Bei den bestätigten Behandlungsfehlern liegen die Schwerpunkte jedoch anders: Am häufigsten (zu 57,8 Prozent) wurden vom Medizinischen Dienst der Krankenkassen Fehlervorwürfe in der Pflege bestätigt, gefolgt von der Zahnmedizin (39,2 Prozent) und der Allgemeinchirurgie mit 27,5 Prozent. Experten plädieren dafür, sich weg von den Zahlen den Patienten zuzuwenden: „Entscheidend sind eine Fehlerkultur und ein Qualitätsmanagement, das Fehler in Kliniken und Praxen immer weniger wahrscheinlich werden lässt. Denn jeder Fehler ist letztlich einer zu viel.“, kommentiert die Ärztezeitung.
Verständnis vor Statistik
„Wenn Fehler passiert sind, sollen sie offen benannt werden, damit man die Betroffenen entschädigen und den Fehler analysieren kann.“, fordert Dr. Stefan Gronemeyer, leitender Arzt und stellvertretender Geschäftsführer des MDS (Medizinischer Dienst des Spitzenverbands der Krankenkassen). In den USA ist das bereits ein Erfolgsmodell: Im Rahmen von „Disclosure, Apology and Offer Programs“, kurz DAO, teilen Krankenhäuser Patienten aus eigener Initiative heraus Behandlungsfehler mit (Disclosure), entschuldigen sich (Apology) und bieten für Schäden eine finanzielle Entschädigung an (Offer).
Der offene Umgang mit Fehlern entwickelt sich auch in Deutschland. Das Fehlerberichts- und Lernsystem für Hausarztpraxen ist auch für Patienten einsehbar. Das Projekt „Critical Incident Reporting System“ (CIRS) hat sich als Krankenhaus-Netzwerk organisiert, um aus Fehlern und kritischen Ereignissen zu lernen. Miteinander geschieht mehr als gegeneinander, darin sind sich das Ärztliche Zentrum für Qualität in der Medizin, das Aktionsbündnis Patientensicherheit, die Deutsche Krankenhausgesellschaft und der Deutsche Pflegerat als Träger des Projektes einig.
Im Gespräch statt vor Gericht
„Wir möchten die Patienten ermutigen, nachzufragen und das Gespräch mit dem Arzt zu suchen.“ (Dr. Stefan Gronemeyer, MDS). Das Patientenrechtegesetz soll Patientinnen und Patienten dabei den Rücken stärken. Nachdem eine Studie der Bertelsmann Stiftung festgestellt hatte, dass sechs von zehn Befragten ihre Rechte beim Arztbesuch nicht kennen, sollte eine Neuauflage des Gesetzes im Jahr 2013 mehr Transparenz schaffen. Das Wichtigste im Klartext:
Ausgenommen von der Beweispflicht sind „grobe Behandlungsfehler“ und Fälle, in denen ein „voll beherrschbares Risiko“ oder ein sogenannter „Anfängerfehler“ vorliegen.
Ähnliche Patientenrechtegesetze gibt es in den meisten europäischen Ländern. In Schweden beispielsweise funktioniert das Beschwerde- und Fehlermanagement auch ohne gesetzliche Grundlage effektiv; als vorbildlich gilt Dänemark, wo die kommunalen Verwaltungen verpflichtet sind, Patienten über Beschwerdemöglichkeiten aufzuklären und sie aktiv zu unterstützen.
In Deutschland setzen sich zahlreiche Organisationen für die Rechte der Patienten ein. Aber gut informierte Patientinnen und Patienten müssen den Anstoß geben, ohne Eigeninitiative geht nichts.
Kennen Sie den Weg zu Ihrem Recht?
Niemand ist perfekt. Doch wenn Ärzte etwas falsch machen, hat das oft besonders schwere Folgen: Patienten müssen zusätzliche Beschwerden ertragen, oder ihre Gesundheit bleibt sogar lebenslang geschädigt. Durch das Patientenrechtegesetz ist die Stellung des Patienten im Gesundheitssystem gestärkt worden.
Was können Sie tun, wenn Verdacht auf einen Behandlungsfehler besteht? In unserer Checkliste finden Sie alle wichtigen Tipps:
Die Patientenbegleitung des Gesundheitsservice
Die Patientenbegleitung des gesundheitsservice360° lässt Sie bei Kummer mit dem Arzt nicht allein. Der Arzt Ihres Vertrauens setzt alles daran, Sie bestmöglich zu behandeln. Dennoch kann es zu einem Behandlungsfehler kommen. In erster Linie geht es dann darum festzustellen, ob die Behandlung medizinischen Standards entsprochen hat oder ob ein Fehler geschehen ist. Die spezialisierten Sachbearbeiter von AXA informieren, welche Möglichkeiten der Überprüfung bestehen und unterstützen Sie bei Bedarf auf der Suche nach fachkundiger Rechtshilfe. Im Einzelfall kann AXA Sie oder einen von Ihnen beauftragten Rechtsanwalt auch bei der medizinischen Überprüfung Ihres Falles unterstützen.
So können Patienten mithelfen, dass Behandlungsfehler nicht passieren
Die Agentur für Forschung und Qualität im Gesundheitswesen des US-Gesundheitsministeriums gibt Tipps, die auch in Deutschland einen Beitrag zum aufgeklärten Verhältnis zwischen Arzt und Patienten leisten können:
- Verstehen Sie sich als aktiver Teilnehmer der Behandlung. So können Ihnen Irrtümer, Verwechslungen oder ungewohnte Abläufe auffallen.
- Sorgen Sie dafür, dass Ihre Ärzte über alle Medikamente Bescheid wissen, die Sie einnehmen (auch über freiverkäufliche Präparate).
- Fragen Sie in der Apotheke im Zweifelsfall, ob die ausgehändigten Medikamente, tatsächlich auch die sind, die Ihr Arzt verordnet hat.
- Erkundigen Sie sich vor einer Einweisung ins Krankenhaus nach Kliniken, die in der geplanten Behandlung oder Operation besonders erfahren sind.
- Wenn bei Ihnen eine Untersuchung durchgeführt wurde, fragen Sie in jedem Fall nach dem Ergebnis.
- Informieren Sie sich über Ihre Krankheit und deren Behandlung, um den Behandlungsprozess zu verstehen.
- Bestehen Sie auf verständlichen Informationen über den Nutzen und mögliche Nebenwirkungen von Medikamenten.
- Lesen Sie medizinische Aufklärungsbogen gründlich und unterschreiben Sie erst, wenn Sie den Inhalt verstehen.
- Fragen Sie nach, wenn Sie ein Problem sehen oder Sorgen haben. Wenn Sie die Antwort nicht verstehen, fragen Sie erneut.
- Machen Sie sich bemerkbar, wenn Sie das Gefühl haben, mit einem anderen Patienten verwechselt worden zu sein oder ein falsches Medikament zu erhalten.
- Sorgen Sie für einen vertrauten Ansprechpartner, zum Beispiel Ihren Hausarzt, mit dem Sie alle Gesundheitsprobleme besprechen können.
(Quelle: Frankfurter Institut für Allgemeinmedizin aus „20 Tips to Help Prevent Medical Errors“ der „Agency for Healthcare Research and Quality“, Agentur für Forschung und Qualität im Gesundheitswesen im US-Gesundheitsministerium)
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