Der Zeitwert in der Haftpflichtversicherung
Stellen Sie sich vor, Sie sind zu Besuch bei Freunden. Während Ihr Kind fröhlich spielt, trifft ein Ball versehentlich den Fernseher. Dieser fällt um und geht dabei kaputt. Zum Glück haben Sie eine private Haftpflichtversicherung, die den entstandenen Schaden übernimmt. Allerdings ersetzt Ihre Haftpflichtversicherung der Familie nicht den ursprünglichen Kaufpreis, sondern den aktuellen Zeitwert des Fernsehers.
Was bedeutet der Zeitwert im Falle eines Versicherungsschadens?
Da der Zeitwert durch Abnutzung und Verschleiß beeinflusst wird, ist er immer niedriger als der Neuwert zum Zeitpunkt des Kaufs. Trotzdem bleibt er stets ein positiver Geldbetrag. In der Regel wird der Zeitwert bei Kfz-Versicherungen und der privaten Haftpflicht ermittelt.
Der Zeitwert ist der aktuelle Wert einer Sache zum Zeitpunkt ihrer Beschädigung. Er berücksichtigt den Wertverlust durch Abnutzung ab Kauf. Damit dient er als Grundlage für die Kostenerstattung bei privaten Haftpflichtschäden. Geschädigte erhalten also einen Geldbetrag, der dem Wert des Gegenstands zum Zeitpunkt des Haftpflichtschadens entspricht. Ihre Versicherung achtet also darauf, dass Sie fair entschädigt werden und dass Sie sich den Gegenstand in vergleichbarer Qualität wiederbeschaffen können.
Im Beispiel oben erhält die Familie einen Geldbetrag, von dem sie dasselbe Modell oder einen gebrauchten Fernseher kaufen kann, da das Gerät schon mehrere Jahre alt war und Gebrauchsspuren hatte. Auf diese Weise bekommt sie ein TV-Gerät zurück, das in Bezug auf Qualität und Zustand dem beschädigten Fernseher entspricht.
Was versteht man unter einem Neuwert?
Der Neuwert entspricht dem Geldbetrag, den es kosten würde, einen ähnlichen oder identischen Gegenstand in gleicher Art und Güte neu zu kaufen. Dabei kann der Neuwert sowohl unter als auch über dem ursprünglichen Anschaffungspreis liegen. Es gibt Gegenstände, die im Laufe der Jahre preiswerter werden, wie zum Beispiel Mikrowellen oder Cerankochfelder. Manche Objekte können jedoch an Wert gewinnen, wie zum Beispiel Antiquitäten.
Private Haftpflicht: Zeitwert und Wiederbeschaffungswert
Der Wiederbeschaffungswert ist der Betrag, der bezahlt werden muss, um einen vergleichbaren Gegenstand zum aktuellen Zeitpunkt neu anzuschaffen. Dieser Wert ist in der Regel höher als der Zeitwert, da beim Wiederbeschaffungswert keine Wertminderung abgezogen wird. Um den Wiederbeschaffungswert zu ermitteln, wird der aktuelle Marktpreis für einen ähnlichen neuen Gegenstand herangezogen.
- Zeitwert eines Fernsehers: Bei einem Fernseher entspricht der Zeitwert dem Betrag, den man beim Verkauf des Fernsehers erzielen könnte. Denn die Höhe des Verkaufspreis wird durch die Gebrauchsspuren und das Gerätealter bestimmt.
- Wiederbeschaffungswert eines Fernsehers: Der Wiederbeschaffungswert hingegen gibt an, wie viel man investieren müsste, um ein ähnliches Fernsehgerät wiederzubeschaffen.
Bei Schadensmeldungen spielt der Wiederbeschaffungswert folgende Rolle: Er ist die Grundlage, um zu entscheiden, ob es besser ist, einen beschädigten Gegenstand zu reparieren oder durch einen neuen zu ersetzen. Der Zeitwert wird hingegen ermittelt, um festzulegen, wie hoch die finanzielle Entschädigung für Versicherte für den Verlust oder die Beschädigung des Gegenstands ausfallen sollte. Beide Faktoren stellen gemeinsam sicher, dass Geschädigte nach einem Vorfall fair angemessen unterstützt werden.
Neuwert
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Dieser Betrag entspricht den Kosten für den Kauf eines neuen Gegenstands gleicher Art und Güte, ohne Berücksichtigung von Abnutzung, Alter oder Wertverlust.
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Zeitwert
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Dieser Betrag entspricht den Kosten für die Neuanschaffung eines vergleichbaren oder identischen Gegenstands, unter Berücksichtigung von Abnutzung, Alter oder Wertverlust, die zum jeweiligen Zeitpunkte aufgebracht werden müssen.
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Wiederbeschaffungswert
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Dieser Betrag entspricht den Kosten für Wiederbeschaffung eines vergleichbaren oder identischen Gegenstands zum aktuellen Zeitpunkt.
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Was zahlt die Haftpflichtversicherung: Zeitwert oder Neuwert?
Je nach Art der Versicherung wird entweder der Neuwert oder der Zeitwert eines Gegenstands zurückerstattet. In der privaten Haftpflichtversicherung gilt in der Regel die Zeitwertregelung. Das bedeutet, dass bei der Abwicklung von Schäden der Zeitwert des beschädigten Gegenstands verwendet wird – das ist der Wert des Gegenstands zum Zeitpunkt des Haftpflichtschadens.
Im privaten Versicherungsbereich gibt es drei Arten von Versicherungen, die nicht den Zeitwert, sondern den Neuwert ersetzen: Das sind die Kfz-Kasko-Versicherung, die Hausratversicherung und die Wohngebäudeversicherung.
Entschädigungswert
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Art der Versicherung
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Zeitwert
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Private Haftpflichtversicherung
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Neuwert
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Kfz-Kasko-Versicherung
Hausratversicherung Wohngebäudeversicherung |
Warum zahlt die Haftpflicht nur den Zeitwert?
Die Privathaftpflicht zahlt ausschließlich den Zeitwert – und erstattet weder den Neuwert noch den Wiederbeschaffungswert. Das hat folgende Gründe:
- Das Auszahlen des Zeitwerts ist gesetzlich geregelt:
Dadurch will der Gesetzgeber sicherstellen, dass Geschädigte fair behandelt werden – und nicht besser oder schlechter gestellt werden als vor dem Eintreten des Haftpflichtschadens. - Der Sachwert nimmt durch Gebrauch stetig ab:
Der Wert eines Gegenstands nimmt im Laufe der Nutzung ab, und das wird bei der Ermittlung des Zeitwerts berücksichtigt. Auf diese Weise ist eine Entschädigung möglich, als ob der Haftpflichtschaden nie passiert wäre. - Mit dem ausbezahlten Betrag zum Zeitwert kann ein gleichwertiges Gerät gekauft werden:
Mit dem ausbezahlten Betrag zum Zeitwert des beschädigten Gegenstands kann der Geschädigte ein gleichwertiges Ersatzgerät in gleicher Qualität kaufen. So erhält er einen Gegenstand zurück, der dem vorherigen Gegenstand im Sachwert entspricht.
Wann zahlt die Haftpflichtversicherung eine Neuwertentschädigung?
In einigen Fällen erstattet eine Versicherung eine Neuwertentschädigung. Wenn das Kaufdatum weniger als 12 Monate zurückliegt, entspricht der Zeitwert beispielsweise dem Neuwert. Eine Ausnahme davon sind elektronische Geräte, Kameras und Brillen, da ihr Wertverlust in diesem kurzen Zeitraum oft besonders hoch ist.
Das sind die Voraussetzungen, damit die private Haftpflichtversicherung möglicherweise eine Neuwertentschädigung auszahlt:
Wie wird der Zeitwert durch die Versicherung berechnet?
Wertverlust versus Wertgewinn
Der Wert eines Gegenstands ändert sich im Laufe der Zeit. Wochen, Monate oder Jahre nach dem Kauf hat der Gegenstand einen anderen, meist geringeren Wert als bei der Anschaffung. Aber wie wird der Zeitwert kalkuliert? Die Bestimmung des Zeitwerts für ein Objekt, wie zum Beispiel für einen Fernseher, erfolgt nach klaren Richtlinien und nicht zufällig. Um im Fall eines Haftpflichtschadens den Zeitwert zu berechnen, sind deshalb wesentliche Informationen notwendig:
- Neuwert: Wann wurde der Gegenstand gekauft und zu welchem Preis?
- Haftpflichtschaden: Wann trat der Versicherungsfall ein?
- Dauer des Gebrauchs: Wie alt ist der Gegenstand? Gegenstände verlieren in der Regel an Wert.
- Prozentualer Wertverlust: Wie stark ist die Abnutzung zum Zeitpunkt des Haftpflichtschadens?
- Durchschnittliche Nutzungsdauer: Was ist die normale Lebensdauer des Gegenstands? Dabei werden Statistiken, Herstellerangaben oder allgemeine Standards berücksichtigt.
Der Wertverlust bei technischen Geräten wie Handys oder TV-Geräten ist oft sehr hoch. Anders verhält es sich bei Antiquitäten, Oldtimern, Schallplatten oder Comics. Der Wert dieser Objekte steigt oft mit der Zeit. Dadurch können die Zahlungen für den Verlust über dem ursprünglichen Anschaffungspreis liegen. Wenn der Marktwert über dem Zeitwert oder sogar dem Neuwert liegt, kann er gegebenenfalls als Grundlage für die Erstattung dienen.
Beispiel einer Zeitwertberechnung
Vom Neuwert wird die Wertminderung (Alter, Gebrauch und Abnutzung) abgezogen. Wenn ein beschädigter Gegenstand ersetzt werden muss, wird zunächst die Wertminderung ermittelt. Diese berechnet sich aus dem Wiederbeschaffungspreis, dem Alter des Gegenstands und der maximalen Lebensdauer.
Sie engagieren sich ehrenamtlich als Schatzmeister:in in Ihrem örtlichen Fußballverein und möchten im Vereinsheim die Buchhaltung am PC erledigen. Dabei passiert ein Missgeschick: Sie stolpern über ein Kabel und der Monitor fällt vom Schreibtisch. Sie informieren Ihre Privathaftpflichtversicherung über den Vorfall und geben an, dass der Monitor im Jahr 2019 für 450 Euro gekauft wurde. Der Schaden ereignete sich 2023.
Daraufhin ermittelt der Versicherer den Wiederbeschaffungspreis für dasselbe Monitor-Modell. Das sind 400 Euro. Die durchschnittliche Nutzungsdauer von Monitoren wird auf sieben Jahre festgelegt. Die Berechnung des Zeitwerts, also des Betrags, den die Versicherung auszahlt, erfolgt folgendermaßen:
- Die Wertminderung für den vier Jahre alten Monitor beträgt 33 Prozent. (Dazu werden 4 Jahre geteilt die geschätzte maximale Lebensdauer durch.)
- Vom Wiederbeschaffungspreis wird die Wertminderung abgezogen.
- Der Zeitwert des Monitors beträgt jetzt noch 132 Euro.
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