Unterstützung für pflegende Angehörige
Die Pflege durch Angehörige ist häufig keine einfache Frage. Zusätzlich zur körperlichen und emotionalen Belastung durch die Pflegetätigkeit stellt die Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Pflege eine große Herausforderung dar. Pflegende Angehörige können nicht nur Familienmitglieder, sondern auch Freunde und Bekannte, engagierte Nachbarn oder ehrenamtliche Helfer sein.
- Was ist bei der Pflege durch Angehörige zu beachten?
- Welche Hilfsangebote gibt es für pflegende Angehörige?
- Welche Belastungen können durch die Pflege eines Angehörigen entstehen?
- Wie können sich pflegende Angehörige einen Ausgleich schaffen?
- Wie lassen sich Beruf und Pflegetätigkeit vereinbaren?
- Wie kann der Pflegebedürftige möglichst selbstständig bleiben?
Fühlen Sie sich trotz Erholungsphasen überfordert oder am Rande Ihrer Leistungsfähigkeit, gibt es auch Hilfsangebote von außen. Wir haben für Sie im Folgenden Informationen und Hinweise aus der Praxis zusammengestellt:
Ersatz- bzw. Verhinderungspflege
Sind Sie als pflegender Angehöriger beruflich, krankheitsbedingt oder aus Urlaubsgründen eine Zeit lang verhindert, die Pflege selbst zu erbringen, besteht Anspruch auf eine sogenannte Ersatz- oder Verhinderungspflege. Was hierbei zu tun ist erfahren Sie unter Leistungen der Pflegeversicherung.
Teilstationäre Tages- oder Nachtpflege
Eine weitere Möglichkeit der Entlastung bietet die teilstationäre Tagespflege oder Nachtpflege. Hier werden pflegebedürftige Menschen tagsüber oder nachts gepflegt und betreut, die übrige Zeit verbringen sie zu Hause. Diese Form der außerhäuslichen Pflege ist vor allem sinnvoll, wenn die pflegenden Angehörigen berufstätig sind.
Entsprechende Einrichtungen werden von Wohlfahrtsverbänden sowie kommunalen und privaten Trägern betrieben. Während es zahlreiche Tagespflegeeinrichtungen gibt, ist die Nachtpflege noch nicht weit verbreitet.
Unter Pflegeberatungsstellen finden Sie weitere Anlaufstellen, die Sie über weitere Hilfsangebote und Ansprüche bei der Pflege durch Angehörige informieren und beraten.
Entlastungsbetrag
Pflegebedürftige Personen haben außerdem einen Anspruch auf einen monatlichen Entlastungsbetrag in Höhe von 125 Euro, wenn sie zu Hause gepflegt werden und ein Pflegegrad anerkannt wurde. Der Entlastungsbeitrag soll Angebote finanzieren, die pflegende Angehörige entlasten (z.B. zusätzliche Betreuungsleistungen) und kann frei eingeteilt werden. Wichtig ist, dass das Angebot von der leistenden Pflegeversicherung als Entlastungsleistung anerkannt wird.
Pflegeunterstützungsgeld
Wenn ein naher Angehöriger akut zum Pflegefall wird, müssen Sie schnell handeln. Um die weitere Versorgung zu organisieren, steht Arbeitnehmern eine Freistellung von ihrer Arbeit von bis zu 10 Arbeitstagen zu. Der hierbei entstehende Verdienstausfall wird in diesem Fall von der Pflegekasse bzw. -versicherung des Pflegebedürftigen ausgeglichen, sofern kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung durch den Arbeitnehmer besteht. Der Antrag für das Pflegeunterstützungsgeld (PUG) muss unverzüglich bei der Pflegekasse bzw. -versicherung eingehen.
Wie können sich pflegende Angehörige einen Ausgleich schaffen?
Schaffen Sie sich Entlastungsmöglichkeiten - davon profitiert auch der Pflegebedürftige.
Jede Pflegesituation ist einzigartig
Hilfs- und Lösungsangebote bei der Pflege durch Angehörige im Pflegesystem gibt es viele. Da jede Pflegesituation jedoch einzigartig und individuell zu bewerten ist, eignen sich generelle Lösungen und Ratschläge nicht. Vieles hängt davon ab, ob man z.B. berufstätig ist, ob man durch ein soziales Netzwerk Unterstützung erfährt oder ob man konstruktiv mit Stress umgehen kann.
Auch die zwischenmenschliche Beziehung von pflegender und pflegebedürftiger Person, der zeitliche und finanzielle Aufwand für die Pflege sowie die eigene Konstitution sind wichtige Einflussgrößen. Manchmal hilft es schon, sich zunächst folgende Fragen zu stellen:
- Wie nehme ich mich selbst wahr?
- Wie steht es um mein Selbstvertrauen?
- Wie gehe ich mit Gefühlen um?
- Wie sieht mein momentaner Lebensstil aus?
Pflegende Angehörige haben Recht auf Erholung
Nicht erst warten bis nichts mehr geht
Viele pflegende Angehörige machen denselben Fehler: Sie muten sich bei der Pflege zu viel zu und warten zu lange, bis sie sich eine Auszeit gönnen – sofern sie sich die eigene Überlastung überhaupt eingestehen. Die Folge: Fast 60% der in Vollzeit erwerbstätigen Pflegenden leiden laut einer Studie der Stiftung Zentrum für Qualität in der Pflege (ZQP) unter Erschöpfungszuständen. Muskelverspannungen, depressive Symptome und Schlafstörungen sind weitere häufig auftretende Krankheitsbilder von Pflegenden.
Auch mal an sich denken
Bei aller Sorge um den Pflegebedürftigen sollten Sie als pflegender Angehöriger auch mal an sich denken. Gönnen Sie sich Momente der Erholung nicht erst, wenn Sie bereits völlig erschöpft sind, sondern holen Sie sich rechtzeitig Unterstützung. Versuchen Sie überdies z.B. mit Sport, Meditations- und Entspannungskursen einen Ausgleich zum Pflegealltag zu schaffen.
Je älter, desto schwieriger
Die Entlastung von Angehörigen in der Pflege scheitert häufig daran, dass pflegende Angehörige – entsprechend den Pflegebedürftigen – immer älter werden. Das Durchschnittsalter liegt mittlerweile je nach Verwandtschaftsgrad zwischen Mitte 50 und Mitte bis Ende 70. Die Folge: Je älter Pflegende und Gepflegte werden, desto intensiver und anstrengender wird in der Regel die Pflege durch Angehörige. Pflegebedürftige benötigen mehr Zuwendung, Pflegende sind weniger leistungsfähig und stressresistent.
Wie lassen sich Beruf und Pflegetätigkeit vereinbaren?
Pflege und Beruf zu vereinen erfordert Organisation und Flexibilität. Neue Arbeitszeitmodelle werden diesen hohen Anforderungen gerecht.
Ein Pflegesystem im Umbruch
Immer mehr Berufstätige übernehmen Verantwortung für pflegebedürftige Angehörige und leisten damit einen wichtigen gesellschaftlichen Beitrag in Zeiten des demografischen Wandels. Laut einer Erhebung des Statistischen Bundesamts leben in Deutschland etwa 4,2 Millionen Pflegebedürftige, von denen der größte Teil zu Hause gepflegt wird. Etwa die Hälfte dieser Pflegebedürftigen wird durch berufstätige Angehörige versorgt.
Diesen Tatsachen geschuldet ist in den vergangenen Jahren eine öffentliche Diskussion entbrannt, die bereits viele Verbesserungen des Pflegesystems initiiert hat.
Pflege gesetzlich geregelt
Verbesserungen in der Pflege wurden vor allem durch das Pflege-Neuausrichtungs-Gesetz (PNG) angestoßen. Das PNG sieht insbesondere eine deutliche Erhöhung der Leistungen für Demenzerkrankte in der ambulanten Versorgung vor. Es gewährleistet auch eine Ausweitung der Wahl- und Gestaltungsmöglichkeiten für Pflegebedürftige mit ihren Angehörigen, beispielsweise durch die Einführung von Betreuungsleistungen und die Möglichkeit der Vereinbarung von Zeitkontingenten in der ambulanten Pflege durch Angehörige (mehr hierzu unter Familienpflegezeit). Darüber hinaus wird mit dem PNG die freiwillige private Vorsorge erstmals staatlich gefördert.
Auch Arbeitgeber sind gefordert
Auch wenn durch die Familienpflegezeit Rahmenbedingungen und Anreize für Unternehmen geschaffen wurden, sind die „Vorzeigeunternehmen“, die das Thema „Pflege und Beruf“ offen angehen, noch in der Minderheit. Die Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Pflege durch Angehörige wird in der Wirtschaft erst nach und nach umgesetzt. Ein Grund: Nur in einer offenen und sozialen Unternehmenskultur werden pflegende Beschäftigte überhaupt bereit sein, Wünsche zu äußern und entsprechende Maßnahmen in Anspruch zu nehmen. Dabei gibt es eine ganze Reihe von Möglichkeiten, Karriere und Pflegetätigkeit möglichst reibungslos zu koordinieren.
Hierzu zählen beispielsweise:
- Gleit- und Teilzeitmodelle
- Heim- und Telearbeit
- Arbeitszeitkonten
- Sonderurlaube und Freistellungsmöglichkeiten
- kompetente Ansprechpartner in den Unternehmen
- Vorträge und Trainings für Führungskräfte
- Seminare und Schulungen für pflegende Angehörige
- Bereitstellung von Informationsmaterial
Je nach Größe des Unternehmens, in dem Sie beschäftigt sind, wenden Sie sich an die Personalabteilung bzw. den Betriebsrat Ihres Arbeitgebers. Dort können Sie mehr Informationen über Angebote und Möglichkeiten zur Vereinbarkeit von Pflege- und Berufstätigkeit bekommen.
Entschließen Sie sich, Ihren Angehörigen zu Hause zu pflegen, gibt es bereits jetzt gute, staatlich geförderte Angebote für Sie als pflegenden Angehörigen. Scheuen Sie sich nicht, diese zu nutzen. Gerade als Berufstätiger können Sie davon profitieren.
Wie kann der Pflegebedürftige möglichst selbstständig bleiben?
Pflege bedeutet auch, dem Betroffenen eine selbstverantwortliche und eigenständige Lebensführung zu ermöglichen.
Rechte und Pflichten für Pflegebedürftige
Schon in der Charta der Rechte hilfe- und pflegebedürftiger Menschen heißt es: „Jeder Mensch hat uneingeschränkten Anspruch auf Respektierung seiner Würde und Einzigartigkeit. Menschen, die Hilfe und Pflege benötigen, haben die gleichen Rechte wie alle anderen Menschen und dürfen in ihrer besonderen Lebenssituation in keiner Weise benachteiligt werden.“
Gerade weil Pflegebedürftige sich für ihre Rechte oftmals nicht mehr selbst einsetzen können, tragen Staat und Gesellschaft eine besondere Verantwortung. Seiner Sorgfaltspflicht gegenüber Pflegebedürftigen, pflegenden Angehörigen und Pflegeeinrichtungen kommt der Gesetzgeber schon jetzt nach.
Seit Jahrzehnten hat es sich z.B. die Pflegeversicherung zum Ziel gesetzt, nicht nur eine bloße Versorgung des Pflegebedürftigen zu gewährleisten. Vielmehr soll eine selbstständige Lebensführung auch im Pflegefall ermöglicht werden – und dafür wird der Pflegebedürftige auch selbst in die Pflicht genommen.
Mit der gesetzlichen Pflegeversicherung sollen die vorhandenen Selbstversorgungsfähigkeiten erhalten, jene die verlorengegangen sind, reaktiviert werden. Eine Verbesserung der Kommunikation im Rahmen der Leistungserbringung steht ebenso im Fokus wie die Gewichtung der häuslichen Pflege. Sie hat laut Gesetzgeber (SGB XI § 3) Vorrang vor der stationären Pflege.
Es gilt:
- "Reha vor Pflege". Ist die Pflegebedürftigkeit durch Unfall oder Erkrankung entstanden, wird geprüft, ob die Selbstständigkeit durch Reha-Maßnahmen wiedererlangt oder verbessert werden kann.
- "Ambulant vor stationär". Die häusliche Pflege hat Vorrang vor der stationären Versorgung in einem Pflegeheim.
Mehr Gerechtigkeit durch Reform
Durch die Reformen der Pflegeversicherung der vergangenen Jahre werden Hilfebedürftige intensiver unterstützt, die Probleme mit der Wahrnehmung oder psychische Störungen haben. So werden Demenzerkranke nicht mehr, wie zuvor, nach ihren körperlichen Gebrechen einem Pflegegrad zugeteilt.
Demenzkranke sind beispielsweise oftmals körperlich fit und benötigen vielmehr eine intensive Betreuung bei Dingen des Alltags, wie das Waschen nicht zu vergessen. Sie sind zuvor häufig durch das Pflegegrade-Raster gefallen und haben somit keine Leistungen aus der Pflegeversicherung erhalten.
Gesetzliche Grundlagen für die Pflege durch Angehörige
Renten- und Unfallversicherung
Wer einen anderen Menschen pflegt und maximal 30 Stunden in der Woche erwerbstätig ist, wird in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert. Die Beiträge übernimmt dann die Pflegeversicherung.
Rechtzeitig bei der Pflegekasse melden
Ist die gepflegte Person gesetzlich versichert, muss der Antrag auf soziale Absicherung spätestens einen Monat nach Beginn der Pflegetätigkeit bei der Pflegekasse des Gepflegten gestellt werden. Die Pflegekasse meldet die Pflegeperson dann bei der Rentenversicherung an und zahlt die Beiträge. Wie hoch diese sind, richtet sich nach der Schwere der Pflegebedürftigkeit und der Selbständigkeit des Betroffenen.
Ist die gepflegte Person hingegen privat versichert, muss kein Antrag auf soziale Absicherung gestellt werden.
Gleichzeitig stehen pflegende Angehörige unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Sie greift bei allen Unfällen, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Pflegetätgikeit zu Hause oder unterwegs passieren.
Regelungen bei Arbeitslosigkeit
Es ist nicht selten der Fall, dass arbeitslos gemeldete Personen Angehörige pflegen. Bevor dies geschieht, sollte Kontakt mit dem Arbeitsamt aufgenommen werden, da das Arbeitslosengeld von dem jeweiligen Pflegegrad abhängt.
Die Pflegewelt von AXA - Nützliches für Sie
Die Pflegeversicherung bietet finanzielle Unterstützung für pflegebedürftige und deren Angehörige.
Monatliche ZahlungenWir erklären Ihnen, wie sich Pflegebedürftigkeit feststellen lässt und der Pflegegrad bestimmt wird.
Pflegeantrag und mehrWir erklären Ihnen, wie sie vorausschauend für Ihre Angehörigen planen.
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